Interview

Er ist der Vater einer guten Freundin, durch sie habe ich ihn kennengelernt.

A.A.: Seit wann bist du als Maler tätig?

H.B.: Die intensive Phase begann 1996, als ich mit 60 Jahren aus dem Berufsleben ausschied und Zeit hatte, mich Kunstkursen zu widmen und auf einer tieferen Ebene mit der Malerei auseinanderzusetzen.

Vom Beruf her Dekorateur, waren ihm die visuellen Elemente, Form und Licht vertraut, und seine Sensibilität hierfür immer ein wichtiges Element in seinem Leben. Die Malerei brachte eine neue Intensität mit sich, und eine neue Hingabe.

H.B.: Ich hatte nicht die Absicht meinen Lebensunterhalt als Maler zu verdienen. Ich habe sogar über einen Zeitraum von ca. 15 Jahren fast ganz mit der Malerei aufgehört. Ich war damit beschäftigt meine Familie zu ernähren. Und ich habe noch einige andere Interessen im Leben wie Kochen und Handwerken.... diese fordern auch einen Teil meiner Zeit und Energie.

A.A.: An was denkst du, bevor du anfängst zu malen?

H.B.: Ich denke nicht groß vorher darüber nach. Ich male, wenn ich Zeit und Muse dazu habe. Ich forciere nichts und habe auch keine Ambitionen, diesen oder jenen Effekt zu erzielen. Ich fange einfach an und schaue was daraus wird, das reicht mir. Mir kommt vielleicht der Wunsch mit einer bestimmten Farbpalette, sagen wir Ocker, Blau und Rot zu malen, aber ich habe kein dezidiertes Ziel, bevor ich anfange zu arbeiten. Die Richtung, die das Bild nimmt, manchmal zur Harmonie, Balance und Frieden tendierend, oder mal zur die Disharmonie, – die Dynamik, Bewegung zum Ausdruck bringt, entwickelt sich während des Prozesses des Malens.

Herbert Baumgärtner

H.B. malt überwiegend mit Öl auf Leinwand.


H.B.: Ich male und dann warte ich bis die Farbe angetrocknet ist (mindestens eine Woche).

A.A.: Eine Woche ist eine lange Zeit. Das bedeutet Geduld. Würdest du dich als geduldigen Menschen beschreiben?

H.B.: Das muss ich wohl sein. Ich bin schließlich seit 50 Jahren verheiratet.
Er lacht und fügt etwas ernster hinzu:
In letzter Zeit kopiere ich gerne Gemälde von berühmten Malern. Im Moment arbeite ich an einem Van Gogh. Wie in jeder anderen Profession kann man die Auseinandersetzung mit dem Handwerk nicht umgehen. Ich genieße diesen Aspekt der Malerei und lerne sehr viel dabei.

Die Teilnahme an Kunstkursen ist eine wichtige Unterstützung für seine Kunst, erzählt H.B. weiter. Er arbeite gerne mit anderen Künstlern. Es gibt eine Struktur vor, hauptsächlich auf der technischen Ebene, aber auch für die Gruppe. Es setzt Grenzen, und wirkt dabei trotzdem als Katalysator für den kreativen Prozess.

H.B.: Manchmal beeindruckt es mich, dass die Frauen in der Gruppe oft die Überhand haben in Bezug auf Farben und Farbkombination, als ob sie hierfür eine besondere Sensibilität hätten. Ich hingegen, scheine ihnen auf der Ebene der Formen etwas voraus zu sein – ich zeichne und male Objekte schon mein ganzes Leben. Wahrscheinlich fällt mir dies durch meine Erfahrungen als Dekorateur auf. Ich muss immer auf Farben achten, und ihr Verhältnis zu Jahreszeiten und Mode. Aber eine Leinwand ist etwas anderes als ein Schaufenster. Es geht hier nicht um Mode, es gibt keine Diktate von außen. Es liegt an dir, und nur an dir. Its up to you, you alone.

An Mode denkt er heute nur selten.

H.B.: Ich male nicht für andere, mir muss das Bild gefallen.

A.A.: Hast du Lieblingsfarben?

H.B.: Oh, diese haben sich im Laufe meines Lebens geändert. Über viele Jahre war ich von den Primärfarben sehr angetan – Rot, Blau und Grün. Heutzutage ziehen mich eher Farben an, die viel Licht ausstrahlen wie in Südfrankreich: Ocker, Beige, viele Blautöne – Azur und Grün in allen Variationen.

A.A.: Würdest du deine Arbeit gerne ausstellen?

H.B.: Ich bin ein eher introvertierter Mensch, und stelle mich und meine Arbeit nicht gerne zur Schau. Wenn ich ein Bild mag, das Publikum es aber nicht mag, ist das OK für mich. Nein, es ist nicht mein größter Wunsch.

Im Grunde entspannt mich die Malerei. Ich würde meine Malerei nie als „Action Painting „ bezeichnen. Ich bin ein friedlicher Mensch, und die Malerei bringt eine Portion Frieden mit sich. Es kommt vielleicht daher, dass während meiner Erziehung Fehler akzeptiert wurden, als Teil des Prozesses sogar erwünscht waren. Man kann Fehler ruhig zugeben und es gibt keinen Grund nervös zu werden, wenn Dinge schief gehen. Diese Freiheit gibt einem die Möglichkeit friedlich zu bleiben, während des Malens, aber auch im Leben generell.

A.A.: Hörst du Musik während du malst?

H.B.: Ich brauche es nicht, aber ich mag' es manchmal im Hintergrund. Jede Form von Musik. Als Dekorateur habe ich gesungen. Ziemlich laut sogar. Manchmal singe ich auch jetzt während ich male!

A.A.: Was möchtest du der Welt mit deiner Malerei mitteilen?
Ich stelle diese Frage, in der Vermutung er würde sich dieser entziehen, womit ich recht behielt.

H.B.: Ich habe keine wirkliche Botschaft. Jeder Mensch muss seinen eigenen Weg finden.

Auf seinem Schreibtisch befindet sich ein Zitat von Erich Kästner, welches er mir zeigt. In seiner eigenen attraktiven und präzisen Handschrift kopiert: „Wirds besser, wirds schlimmer? fragt man alljährlich. Seien wir ehrlich! Leben ist immer lebensgefährlich!
HB ist sich bewusst, das das Leben lebensgefährlich ist, und vielleicht ist es dieses Bewusstsein, welches ihm die Fähigkeit des im Hier und Jetztsein ermöglicht, die Gabe sich durch die Malerei mitzuteilen.

A.A.: Gibt es zukünftige Projekte?

H.B.: Ich habe keinen Plan. Aber wie die meisten kreativ-arbeitenden Menschen bin ich nie zufrieden und diese Unzufriedenheit treibt mich voran. Ich suche immer noch nach dem Bild, welches mir absolut gefällt. Wie ein Komponist, der das perfekte Stück komponieren möchte. Und ich suche immer noch nach meinem eigenen Stil. Vielleicht ist er schon da, aber ich würde es gerne mehr spüren, dass er ganz mein eigener ist.

A.A.: Man kann nichts mitnehmen heißt es, aber wenn, welches Bild würdest du wählen?

H.B.: Oh, es gibt einige, die ich mag, aber das Bild ist wahrscheinlich noch nicht dabei. Es ist eins, welches ich noch zu malen habe!
Erwidert er, mit einem lebendigen Glitzern im Auge.

Interview: Amy Antin Frühjahr 2013
Amy Antin ist Sängerin, Songwriterin und Malerin abstrakter Gemälde.
Die New Yorkerin lebt und arbeitet seit 1990 in Köln.